zwei Männer unterhalten sich vor Publikum

Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine soll entstehen

29. Mai 2024
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Am 31. Mai 2024 wird in Erfurt der erste Stolperstein in der Trommsdorffstraße 5 zu Ehren des jüdischen Kaufmanns Karl Klaar verlegt. Doch wie sollen zukünftige Verlegungen ablaufen? Was müssen Antragsteller beachten, wie ist der Ablauf, was muss im Vorfeld geprüft werden? Diese Frage hat das Dezernat für Kultur, Stadtentwicklung und Welterbe am 23. Mai 2024 gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern, darunter Mitglieder von Vereinen und Initiativen, diskutiert. Auch in der Landeshauptstadt sollen die Verlegungen zukünftig auf zivilgesellschaftlichem Engagement beruhen.



Foto: Dietmar Schwerdt, Referent im Dezernat für Stadtentwicklung, Kultur und Welterbe, im Gespräch mit Frank Rothe vom Bündnis gegen Rechtsextremismus in Eisenach
Foto: © Stadtverwaltung Erfurt

„Wir suchen Personen, Vereine oder Initiativen, die sich als Ansprechpartner in den Prozess Stolpersteinverlegungen einbringen möchten, um so das öffentliche Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Erfurt zu erweitern“, sagte der Beigeordnete für Kultur, Stadtentwicklung und Welterbe Dr. Tobias J. Knoblich zu Beginn der Veranstaltung. Vorbild können und sollen dabei auch Erfahrungen anderer Städte sein. Frank Rothe vom Bündnis gegen Rechtsextremismus in Eisenach ist Ansprechpartner für Stolpersteine in der Wartburgstadt – 136 Steine sind bis heute dort verlegt worden – und gab als geladener Experte Einblick in sein Engagement. „In den ersten Jahren haben wir selbst die Anträge auf Verlegung gestellt, das Stadtarchiv hat die Namen ausgewählt und wir haben die Patenschaften organisiert. Heute kommen die Anfragen von außen“, sagt Rothe. Zurückgreifen kann er bei der Auswahl und Verifizierung der einzelnen Namen und den damit verbundenen Lebensgeschichten auf das Wissen des ehemaligen Stadtarchivars Dr. Reinhold Brunner. „Aber auch Deportationslisten, das Arolsen-Archiv, Schülerlisten oder weitere Online-Datenbanken können für die Recherche genutzt werden“, berichtet Rothe.

„In Erfurt haben wir durch die Arbeit von Dr. Jutta Hoschek eine ausgezeichnete Recherchegrundlage“, stellt Dr. Tobias J. Knoblich fest. Ihr Buch „Ausgelöschtes Leben“ bietet eine umfassende biografische Dokumentation jüdischer NS-Opfer. Auch der Erinnerungsort Topf & Söhne hat sich intensiv mit diesen Biografien auseinandergesetzt und in Zusammenarbeit mit der Autorin ein digitales Gedenkbuch für jüdische NS-Opfer aus Thüringen veröffentlicht. Die Stolpersteine als Gedenkform sollen grundsätzlich für alle Opfergruppen des nationalsozialistischen Terrors offen sein. „Die Folgen des Nationalsozialismus müssen in Form von vielen Biografien sichtbar werden“, sagte Dr. Annegret Schüle, Oberkuratorin am Erinnerungsort Topf & Söhne. „Die Verfolgung von Sinti und Roma ist beispielsweise weniger sichtbar, aber auch diese Opfer haben eine Lebensgeschichte und eine Würde, die wir ihnen zurückgeben wollen.“

Auch die Pflege der Steine muss organisiert werden. „In Eisenach rufen wir pressewirksam zu einer Putzaktion auf“, berichtet Frank Rothe. „Die Beteiligung ist groß und reicht von Jugendlichen bis hin zu älteren Menschen.“ In Jena, wo der Arbeitskreis Judentum die Verlegungen initiiert, werden die aktuell 56 Stolpersteine jährlich am 9. November gereinigt. Mit kleinen Konzerten an den jeweiligen Orten wird unter dem Titel „Klang der Stolpersteine“ der Opfer in besonderer Form gedacht.

„Die Verlegung des ersten Stolpersteins ist für uns auch ein Testlauf, der uns zeigt, was alles zu beachten ist“, sagt Dietmar Schwerdt, Referent im Dezernat Kultur, Stadtentwicklung und Welterbe. Er rief die Teilnehmenden auf, das Thema in ihrem eigenen Netzwerk zu besprechen. „Stadtseitig werden wir das Thema weiter vorantreiben, indem wir die jeweiligen Ämter und Personen zusammenbringen, die dafür erforderlich sind“, so Schwerdt. Die Gründung eines Vereins, der sich des Themas annimmt, ist möglich und in vielen Städten gelebte Praxis. „Möglicherweise kann man dieses Engagement auch an einen bestehenden Verein oder eine Initiative andocken“, sagt Schwerdt.

Im nächsten Schritt soll eine Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine gegründet werden, welche die Verlegung weiterer Stolpersteine vorbereitet. Ein Großteil der Anwesenden bekundete hierzu Interesse.

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