„Vor dem Hintergrund der Dominanz amerikanischer Produktionen auf dem europäischen Kinderfilmmarkt soll das Projekt einen Beitrag zur Förderung einer europäischen Kinderfilmkultur leisten”, erläutert Prof. Dr. Patrick Rössler die Idee. „Denn Kinderfilme werden als kulturell und ökonomisch bedeutsame Produkte der europäischen Länder betrachtet, die einen wichtigen Beitrag zur national-kulturellen und transkulturellen Sozialisation leisten.”
Neben Kinos, Filmfestivals und DVDs werden Kinderfilme heute vor allem über das Fernsehen den Kindern zugänglich gemacht. Aber auch das Internet gewinnt als alternativer Vertriebskanal für Kinderfilme an Bedeutung, wenngleich die Grenzen zwischen legaler und illegaler Verbreitung oftmals verschwimmen. „Trotz allem”, sagt Rössler, „steht die Forschung zur Prävalenz des Kinderfilms im Fernsehen und Internet noch am Anfang. Das Forschungsprojekt widmet sich deshalb den Chancen und Problemen der Etablierung einer europäischen Kinderfilmkultur über diese beiden Vertriebswege.”
Für die Untersuchungen wurden Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Polen, Schweden und Ungarn zum Vergleich ausgewählt. Die Idee zum Projekt selbst entstand im Sommer 2009, als in Erfurt erstmals das KIDS Regio Forum stattfand, zu dem Kinderfilmexperten aus ganz Europa zusammenkamen, um über die Zukunft des europäischen Kinderfilms zu diskutieren. In der daraus hervorgegangenen „Erfurter Erklärung” wurde die Forderung der Kinderfilmexperten nach aktuellen wissenschaftlichen Daten zum Kinderfilm manifestiert.
Inzwischen haben die Forschungsarbeiten an der Universität Erfurt begonnen. Zunächst soll eine quantitative Inhaltsanalyse des nationalen Fernsehprogramms der sieben Länder einen Eindruck von der Einbindung europäischer Kinderfilme im Fernsehen geben. Gleichzeitig werden Online-Plattformen, auf denen Kinderfilme frei und legal für Kinder zugänglich sind, umfassend recherchiert und inhaltlich analysiert. Die Ergebnisse der Programmanalyse werden im kommenden Jahr die Basis für Interviews mit Experten im Bereich Programmmanagement und Fernsehdistribution sein. Dabei interessiert die Forscher besonders, welcher Stellenwert Kinderfilmen im jeweiligen Land beigemessen wird und unter welchen Bedingungen sie ins Programm aufgenommen werden.
Interviews mit Betreibern von Online-Portalen sollen hier Aufschluss über die Chancen und Probleme der legalen und freien Kinderfilmdistribution in diesem Bereich geben. Und schließlich wird auch die Zielgruppe von Kinderfilmen nicht außer Acht gelassen: Um mehr Informationen über die Erfahrungen der Kinder mit europäischen Kinderfilmen, deren Wünsche und Vorstellungen zu erhalten, ist eine Befragungsstudie in allen sieben Ländern geplant. Eine experimentelle Untersuchung zur Ermittlung möglicher interkultureller Rezeptionsdifferenzen ist ebenfalls in Planung. Darüber hinaus ist es ein übergreifendes Ziel des Forschungsvorhabens, ein internationales wissenschaftliches Netzwerk aus Kinderfilmexperten aufzubauen. Professor Rössler: „Dazu streben wir Kooperationen mit Wissenschaftlern aus den verschiedenen Ländern im Rahmen des aktuellen Projektes sowie für künftige Forschungsarbeiten an. Und wir schauen bereits heute auf das Jahr 2013. Das dann geplante KIDS Regio Forum bietet uns die Möglichkeit, gemeinsame Kinderfilmprojekte vor einem breiten europäischen Publikum aus Kinderfilmexperten zu präsentieren”.