Inklusion – die Einbeziehung aller Menschen in alle Bereiche der Gesellschaft – ist ein aktuelles Thema in ganz Europa. Christliche Glaubensgemeinschaften gehören seit langer Zeit zu den Verfechtern des inklusiven Gedankens, doch auch in kirchlichen Kreisen sind längst noch nicht alle Barrieren gefallen. Das CJD Erfurt und die Diakonie Mitteldeutschland bringen nun ein Buch heraus, das einen großen Schritt nach vorn bedeutet.
Angefangen hatte alles mit einer Idee: Wie kann man christlichen Menschen mit Förderbedarf ermöglichen, eine kirchliche Andacht besser zu verstehen – sie wirklich berühren? Was man dafür brauchte, waren Andachtstexte, die auch mit Lernschwierigkeiten leicht zu erschließen sind. Die Antwort fand man bei Christoph Victor aus Hildburghausen. Der evangelische Radiopfarrer und Mitarbeiter der Diakonie Mitteldeutschland ist es gewohnt, für ein breites Publikum mit und ohne christliche Bildung zu schreiben. Gern stellte er den Initiatoren die Manuskripte seiner Rundfunk-Andachten zur Verfügung. Damit hatten CJD und Diakonie die Grundlage, mit der Arbeit zu beginnen.
Das Büro für Leichte Sprache des CJD Erfurt ist aktives Mitglied im deutschlandweiten Verein Netzwerk Leichte Sprache, welcher sich für die Verbreitung von Leichter Sprache stark macht. In dem Erfurter Büro arbeiten seit 2011 zehn Menschen mit Lernschwierigkeiten als Prüferinnen und Prüfer für leichte Texte. Sie waren es, die die relevanten Texte auswählten, die überarbeiteten Texte auf Verständlichkeit prüften und weitere Ideen lieferten. Die Leiterin des Büros Dr. Nancy Brack war zuständig für die Übersetzung. Die klaren, farbenfrohen Illustrationen stammen von der Grafikerin Katharina Magerl. Unter dem Titel „Leichtes über Gott“ kommt das Ergebnis der gemeinsamen Bemühungen des Teams heute in den Handel. Veröffentlicht wird das Buch durch den weimarischen Wartburg Verlag. Verschiedene christliche Einrichtungen aus ganz Deutschland haben bereits hohes Interesse bekundet.
Projekte wie das Andachtsbuch sind zurzeit noch Ausnahmeerscheinungen. Das könnte sich jedoch bald ändern, denn inklusive Ideen finden immer mehr Fürsprecher. Die Prüferinnen und Prüfer aus dem Büro des CJD Erfurt wünschen sich, dass Leichte Sprache bald kein Fremdwort mehr ist. Denn dann kommen wir dem Ideal einer Gesellschaft näher, die die Vielfalt der Menschen willkommen heißt.
Das Prinzip der Leichten Sprache ist es, Hindernisse in Texten abzubauen. Dabei genügt es keineswegs, nur einzelne Wörter auszutauschen – hinter dem Konstrukt Leichte Sprache steckt ein kompliziertes Regelwerk und der Übersetzer benötigt ein großes Maß an Erfahrung. Besonders wichtig sind im Übersetzungsprozess die Prüfer, denn das Ergebnis muss immer einem Verständnistest durch die Zielgruppe unterworfen werden. Am Ende dieses Prozesses stehen Texte, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten, Migranten oder Menschen mit Demenzerkrankung abgestimmt sind. Für diese Menschen bedeutet besseres Verstehen mehr Selbstbestimmtheit und mehr gesellschaftliche Teilhabe.