Die Angst vor der Nachzahlung

Die Angst vor der Nachzahlung

17. November 2023
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Eine Anwältin rät, wie Mieter mit den in diesen Tagen eingehenden Betriebskostenabrechnungen umgehen sollten.

Betriebskostenabrechnung. Wenn jetzt der Umschlag wieder im Briefkasten liegt, steigt bei vielen Mietern der Blutdruck. Die Angst, mit einer Nachzahlung für die Nebenkosten finanziell erschlagen zu werden, ist nicht unbegründet. Bevor man zahlt, heißt es, die Betriebskostenabrechnung sorgfältig zu prüfen. Ist man damit überfordert, gibt es Leute mit Sachkenntnis, die helfen.
Wie Rechtsanwältin Anja Stork. Die 47-jährige Juristin, die auch Beraterin beim Mieterverein ist, sagt von sich selbst, das Mietrecht sei ihre Paradedisziplin. Nur halt nicht einfach zu verstehen mit seinen 87 Paragrafen. Da bieten sich aber dennoch Spielräume. Man möge jedoch, bevor man aufbegehrt, prüfen, ob Aufwand und Nutzen in einem vertretbaren Verhältnis zueinander stehen.

Rechtsanwältin Anja Stork. Foto: Steve Bauerschmidt

Kommt die Betriebskostenabrechnung, muss sich mancher erstmal setzen. Auch, weil die Vorauszahlungen gleich mit angehoben werden. Im Gesetz sei aber festgelegt, dass das nur „in angemessener Höhe“ passieren dürfe. Dennoch bringe das einige Menschen richtig in Nöte, so die Anwältin. Dann noch eine normale Mieterhöhung obendrauf, fertig ist das Dilemma. Leider stünden die Mieter derzeit mit dem Rücken zur Wand, weil Wohnungsknappheit manchmal als Druckmittel vom Vermieter ausgenutzt werde. Dennoch, sich deswegen aus Angst der Nachzahlungsrechnung zu ergeben, das müsse nicht sein. Sie empfiehlt, bei unklaren Sachlagen und unverständlichen Auflistungen Widerspruch einzulegen, Belege anzufordern, um die unklaren Posten einem Vergleich zum Vorjahr unterziehen zu können, und vom Zurückbehaltungsrecht hin-sichtlich der Nachzahlung Gebrauch zu machen, bis alle Belege vorliegen.

Man solle, so Anja Stork, darauf achten, ob in den einzelnen Posten etwas dabei sei, was besonders und überdurchschnittlich stark gestiegen sei. Dienstleistungen seien häufig auffällig. Oder der Sanierungsfall: Da laufen Baumaschinen über das allgemeine Stromnetz und treiben die Kosten hoch. Da gehöre ein gesonderter Baustromzähler her. Sie habe auch Fälle gesehen, wo Wartungskosten doppelt abgerechnet wurden, Heizungsreparaturen auftauchten, die nicht umgelegt werden dürfen oder Dienstleistungen zur Abrechnung kamen, die nie erbracht wurden. Vermieter gründen mittlerweile auch gern eigene Dienstleistungsfirmen und rechnen dann gegenüber ihren Mietern horrende Beträge ab. Dies sei leider zulässig. Die Beweislage, so Stork, sei für Mieter eher schlecht. Wer Überteuerung befürchtet, müsse das nachweisen.
Kompliziert werde es mit den aktuellen, nicht selten utopischen Heizkostenabrechnungen. Im Dezember 2022 griff die Soforthilfe des Bundes für die Brennstoffversorgung. Die Mieter sollen genau darauf achten, dass diese Hilfen auch an den Mieter weitergegeben werden. Man erkennt sie unter den Schlagworten „Soforthilfe Dezember 2022“, „Dezemberabschlag“ oder „Dezember-Soforthilfe“. Dennoch sehe sie, so Anja Stork, eine Verdoppelung der Heizkosten. Kosten für Warmwasser und Heizung seien streng verbrauchsabhängig abzurechnen. Dafür gebe es spezielle Messgeräte. Fehlen die, bestraft der Gesetzgeber diese Unterlassung mit einem Abzug von 15 Prozent von Heiz- und Warmwasserkosten zugunsten des Mieters.
„Ich empfehle für den Ernstfall, einem Mieterverein beizutreten“, sagt die Anwältin. Der Jahresbeitrag liege z. B. in Erfurt bei 78 Euro, mit Rechtsschutz bei 96 Euro. Für Schüler, Azubis und Studenten gibt es Ermäßigungen. Ein Schnäppchen im Vergleich zu Anwaltskosten, wie sie findet. Wenn sie im Rahmen ihrer Beraterinnentätigkeit im Mieterverein Abrechnungen prüfe, finde sie häufig etwas, was da nicht hineingehöre. Ihr Tipp bei Unklarheiten: Widerspruch gegen die Betriebskostenabrechnung einlegen und um Einsicht in die Belege bei den Sachen, die unklar sind, fordern. Alles klar benennen. Belege müsse der Vermieter vorlegen. Achtung: Ein Widerspruch allein berechtigt den Mieter nicht, die Zahlungen zurückzubehalten. Es bleibt ein Jahr Zeit, seine Einwendungen vorzubringen.

Text: Michael Keller


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