Die Tüftler der EVAG

Geht nicht, gibt’s nicht. Das ist das Motto des Werkstatt-Teams der Erfurter Verkehrsbetriebe. Mit einem handelsüblichen 3D-Drucker machen sie aus einer Not eine Tugend. Sie stellen Ersatzteile, Werkzeuge & Co. für Bus und Bahn neuerdings selbst her. Ein Werkstattbesuch.

Ein Computer, ein paar Schränke, Tische und Stühle – viel mehr ist in dem unscheinbaren Raum am Rande der EVAG-Werkstatt nicht zu finden. Alles hier wirkt sauber und geordnet. Nur ein leises Rattern und der Hauch von verschmorter Plastik stören die Idylle. Übeltäter ist ein schwarz-grauer Kasten, der auf einem der Tische thront. „Das ist unser neues Juwel, ein 3D-Drucker“, sagt Martin Glaser. Er ist Arbeitsvorbereiter im Bereich der Fahrzeuginstandhaltung, plant Reparatur- oder Wartungsarbeiten und die entsprechenden Arbeitsschritte für seine Kolleginnen und Kollegen. Martin Glaser: „Hin und wieder geht mal was kaputt oder ein Fahrzeug muss zur obligatorischen Durchsicht. Unser Job ist es, dass die Busse und Bahnen sicher und zuverlässig unterwegs sind.“

In letzter Zeit stehen einige der EVAG-Kolosse aber länger als geplant in der Werkstatt. Das Problem: Ersatzteile und Spezialwerkzeuge haben oft lange Lieferzeiten oder sind gar nicht erst verfügbar. Deshalb wurde das Team der Werkstatt erfinderisch. Es setzt seit Neuestem auf einen 3D-Drucker. Mit dem Drucker lassen sich Werkzeuge oder Ersatzteile einfach selbst herstellen – angefangen von Kleinteilen wie Halterungen oder Abdeckungen bis hin zu komplexen Werkstücken wie Werkzeugprototypen. „Dank des Druckers können wir direkt vor Ort maßgeschneiderte Teile produzieren, müssen nicht auf eine Lieferung warten oder unsere Lager unnötig füllen. Das spart nicht nur Zeit und Geld, sondern schont auch die Nerven“, sagt Martin Glaser und lacht.
Zusammen mit seinen Werkstattkollegen Florian Ifland, Ralf Dufka, André von der Gönne und Jonas Ernst hat er das 3D-Druckerprojekt ins Leben gerufen. Ihr Stabsgruppenleiter Dirk Groß ist stolz auf das Tüftler-Team: „Die Jungs haben zum Beispiel eine Arretierung für die Fahrersitze der Straßenbahnen entwickelt. Die setzen wir erfolgreich in den Trams ein. Zu kaufen gab es dieses Ersatzteil schlichtweg nicht.“ Auch Lüfterabdeckungen für die Combino- Straßenbahnen und individuelle Halter für Sicherungen sind schon im 3D-Drucker entstanden. Neueste Errungenschaft: ein Schraubenschlüssel-Prototyp, der beim Ausbau von Dämpfern des Tramlinks eingesetzt werden soll. Vorhandene Werkzeuge der EVAG waren zu groß.

Das Team hat alles selbst geplant und entwickelt. Dirk Groß: „Wir wollen hier mit der Zeit gehen und testen neue Möglichkeiten aus. Sicherheitsrelevante Teile oder stark belastete Komponenten werden aber nicht mit dem 3D-Drucker gefertigt.“ Bei den ersten Gehversuchen mit der neuen Technik konnte vor allem Kfz-Mechatroniker Florian Ifland helfen. Er besitzt selbst fünf 3D-Drucker, sammelt seit Jahren Erfahrung auf dem Gebiet. „Ich habe mit einem kleinen Einsteigergerät begonnen. Die Drucker wurden dann immer raffinierter. Mittlerweile können die auch verschiedene Materialien und Größen drucken. Da fing das Sammeln an“, sagt Florian Ifland mit einem breiten Grinsen. Zu Hause stellt er zum Beispiel Handyhalterungen oder Teile für die Modelleisenbahn her. Bei den Bussen und Bahnen der EVAG ist das allerdings eine Nummer größer …

Fotos: Jacob Schröter