Der Leipziger Sebastian Hühmer aka Walther Le Kon porträtiert in seinem Fotoessay „‘Merica“ (2019) Menschen und Orte, die ihm auf einer privaten Reise zu durch die USA begegnet sind. Seine Bilder spielen ganz unvermittelt mit gängigen Klischees: einerseits bestätigen sie die Vorstellung vom „American Way of Life“, andererseits unterlaufen sie wiederum vorgefasste Meinungen.
Im Kontrast zur opulenten Präsentation von Walther Le Kon stehen die kleinformatigen Fotografien von Jule Wild. Die vielfach – untere anderem im Deutschlandfunk Kultur und im Tagesspiegel – besprochene und mit dem Jugendfotopreis 2022 ausgezeichnete Serie „It was snowing outside“ (2019) zeigt das Leben von ukrainischen Jugendlichen vor dem russischen Angriffskrieg. Den zarten und atmosphärischen Fotografien steht die neue Serie „Find me near the chestnut trees“ (seit 2022) gegenüber, deren Bilder das gewaltsame und schonungslose Eindringen des Krieges in das Leben dieser Menschen zeigt.
Die in Düsseldorf lebende Künstlerin Anys Reimann, die sich selbst als afropäisch bezeichnet, widmet sich dem Thema mit Collagen. Die Porträts der Serie „Le Noir de …“(2022) zeigen schrille, verzerrte Gesichter, zusammengesetzt aus Mündern, Nasen, Ohren etc., die die Künstlerin aus Magazinen und Zeitungen ausschneidet. „Mit der Technik der Collage“, so erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Andrea Karle, „macht Anys Reimann deutlich, dass kulturelle Identität niemals ein vorgefertigtes Ganzes ist, sondern sich immer aus verschiedenen Einzelteilen zusammensetzt.“
Ein Spiel mit kultureller Identität, Fremd- und Selbstwahrnehmung geht auch Emília Rigová ein. Die aus einer Roma-Familie stammende Slowakin zeigt sich in ihrem Doppelporträt in der stereotypen Darstellung einer Roma-Frau und als ihr Alter Ego „Bari Raklori“.
Daneben ist Farazane Vaziritabar mit einer Installation aus Tüchern vertreten. Die Absolventin der Bauhaus-Universität Weimar drückt mit „Being seen“ (2022) ihre Solidarität mit der Frauenbewegung in ihrem Geburtsland Iran aus.
„Angeregt von der parallel in der Kunsthalle Erfurt präsentierten Ausstellung „René Burri: In Deutschland“, für die der Schweizer Magnum-Fotograf über Jahre auf eine geteilte Nation mit gemeinsamer Geschichte blickte, zeigt der Erfurter Kunstverein eine Ausstellung, bei der Künstlerinnen und Künstler auf verschiedene Formen kultureller Identitäten schauen, deren Besonderheiten ebenso veranschaulichen wie auch die damit einhergehenden Probleme thematisieren“, erklärt die Vorsitzende des Kunstverein Susanne Knorr. „,Euer Unser Wir‘ ist eine anregende Schau, die vor Augen führt, dass die Frage nach kultureller Identität nicht zwischen uns steht, sondern die Auseinandersetzung mit sich und anderen eine Brücke zum gegenseitigen Verständnis bilden kann.“
Präsentiert werden Arbeiten von Walther Le Kon (Leipzig), Anys Reimann (Düsseldorf) Emília Rigová (Banska Bystrica, SK), Farzane Vaziritabar (Karlsruhe), Jule Wild (Hannover).
Die Ausstellung des Erfurter Kunstvereins wird durchgeführt in Kooperation mit der Kunsthalle Erfurt. Kuratiert wird die Ausstellung von Andrea Karle (Kunsthistorikerin, Weimar).