Der Frühling naht, und mit ihm der Zeitpunkt, zu Hause einmal gründlich durchzufegen. Auf den ersten Blick mag diese Aufgabe an den ersten schönen Sonnentagen zwar wenig attraktiv erscheinen, jedoch kann sie ein völlig neues Lebensgefühl bedeuten.
Der Frühjahrsputz ist für viele Menschen ein lästiges Ritual. Alle Jahre wieder ist es im März an der Zeit, die Wohnung oder das Haus gründlich von Altlasten und Schmutz zu befreien. Die Tradition kann jedoch viel mehr sein als nur eine große Entrümpelungsaktion. Denn mit dem Frühjahrsputz reinigt man nicht nur seine eigenen vier Wände, sondern ebenso die Seele.
Stichwort Minimalismus
Das Thema Minimalismus ist in den letzten Jahren immer präsenter geworden. Gemeint ist damit jedoch nicht der allseits beliebte skandinavische Einrichtungsstil, sondern vielmehr das Entsorgen von Dingen, die sich im Laufe der Zeit zu Hause angesammelt haben. Dazu zählen Kleidung und Accessoires genauso wie Bücher oder Dekoartikel.
Immer häufiger stolpert man über Geschichten von Menschen, die einen minimalistischen Lebensstil anstreben. So auch Jasmin Mittag, die den Frühjahrsputz in diesem Jahr besonders ernst nimmt. Gegenüber “Welt.de” verrät die 37-Jährige, die zusammen mit ihrem Freund die Kampagne “Mininmalismus Jetzt!” ins Leben gerufen hat: “Ende des Jahres will ich nur noch das besitzen, was ich wirklich benötige.” Ein ambitioniertes Ziel.
Denn was benötigt man eigentlich wirklich? Diese Frage kann uns vor eine große Herausforderung stellen. Viele Dinge in der Wohnung fallen uns im Alltag gar nicht mehr auf, bis wir sie in die Hand nehmen und vor der Entscheidung stehen: behalten oder ausmisten? Oft haben diese Dinge zwar einen mehr oder weniger großen emotionalen Wert, benötigen tun wir sie jedoch nicht.
Schritt für Schritt
Ein guter Einstieg ist es, langsam mit dem Aussortieren zu beginnen. Warum besitzt man diesen Gegenstand, wie oft kommt er zum Einsatz? Nicht alle Dinge müssen auf der Stelle entsorgt werden. Wer einen Keller hat, kann einige Sachen zunächst auslagern. Generell sollte man vermeiden, Ausrangiertes direkt wegzuschmeißen. Gut erhaltene Kleidung kann in Flüchtlingsheimen abgegeben werden, Bücher in der Bibliothek. Für die meisten Dinge findet sich ein glücklicher Abnehmer.
Genau wie Jasmin Mittag sieht auch Jürgen Manemann vom Forschungsinstitut für Philosophie in Hannover diese radikale Variante des Frühjahrsputzes vor allem als Form der Selbstfindung: “Die Reduzierung auf das Nötigste hilft einem, herauszufinden, was ein gutes Leben bedeuten kann. So kann durch äußere Leere innere Fülle entstehen”, heißt es auf “Welt.de”.
Gemeinsam zum Ziel
Zugegeben, auch wenn die Theorie einfach und verlockend klingt, kann der praktische Weg zum Minimalismus schwerfallen. Sich mit anderen über dieses Unterfangen auszutauschen, kann eine große Hilfe sein. Auch über den Frühjahrsputz hinaus gibt es verschiedene Möglichkeiten, sich bewusst mit dem eigenen Ich zu beschäftigen. Beratung rund um das Thema Selbstfindung findet man zum Beispiel bei Questico.
Auch an der Volkshochschule Erfurt werden regelmäßig entsprechende Kurse angeboten. Mitte Juni etwa findet dort eine “Naturtherapie zur Entspannung, Problemlösung und Selbstentfaltung” statt. Und wer sagt denn, dass man nur im Frühling entrümpeln darf? Vielleicht lernt man bei dem Seminar so viel über sich selbst, dass einen die Putzlaune sogar mitten im Sommer packt.
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