Ein Ausstellungsrundgang durch fünf Erfurter Geschichtsmuseen von und mit Thüringer Künstlern
Die Erfurter Geschichtsmuseen und der Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. begehen am 22. Mai den diesjährigen Internationalen Museumstag mit einem besonderen Höhepunkt. Alte Synagoge, Kleine Synagoge, Erinnerungsort Topf & Söhne, Neue Mühle und Stadtmuseum öffnen ihre Türen für eine aktuelle künstlerische Intervention, um in einen kreativen Dialog zwischen Geschichte und Kunst zu treten.
Künstler wie Lerz + Olafson, Michael Geyersbach, Sophie von Hayek, Anne Brannys, Harald Stieding, TAT Gruppe, Sybille Suchy, Peer Gallus, Sibylle Reichel, Thomas Nicolai, Danny Frede, Klaus Nerlich und Marianne Conrad ließen sich vom Räderwerk der Neuen Mühle, dem historischen Kellergewölbe des Stadtmuseums, der lichten Schönheit der Kleinen Synagoge, der besonderen Aura der Alten Synagoge sowie vom ehemaligen Firmengebäude der Ofenbauer von Auschwitz inspirieren. Grafische Werke, Textilarbeiten, Multimedia-Entwürfe und Installationen nehmen Bezug zu den Inhalten der Sammlungen, beschäftigen sich mit dem authentischen Ort oder interagieren mit dem Besucher und stellen so spannende Beziehungen her.
„Wir möchten uns als Geschichtsmuseen von den künstlerischen Interventionen herausfordern lassen und unsere historischen Räume und Präsentationen auf neue Weise für die Stadtgesellschaft öffnen. Zugleich geht es uns darum, Gemeinsamkeiten zwischen Kunstszene und Museumsinstitutionen herauszustellen und so spielerisch Möglichkeiten künftiger Kooperationen auszuloten“, so Dr. Anselm Hartinger, der Direktor der Erfurter Geschichtsmuseen
„Wir sind immer auf der Suche nach neuen Ideen, Konzepten und Präsentationsmöglichkeiten für regionale Bildende Künstlerinnen und Künstler, denn Ausstellungsmöglichkeiten sind allerseits rar. Die Aktion „History goes Art – Art goes History“ zeigt, dass es nicht immer die klassische Galerie sein muss und verschiedenste Synergien genutzt werden sollten“, sagt Klaus Nerlich, der Sprecher des Verbandes Bildender Künstler Thüringen.
Der Rundgang beginnt mit der Eröffnung um 11 Uhr im Erinnerungsort Topf & Söhne und setzt sich in den teilnehmenden Einrichtungen fort. Unter dem Titel: »Künstliche Natur lässt den Menschen abstumpfen« zeigt Klaus Nerlich im Erinnerungsort C-Prints. Danny Frede regt die Besucher mit einer fotografischen Intervention an, sich dem historischen Ort und der Sammlung zu nähern. Einfache Porträtaufnahmen der Besucher, direkt ausgedruckt, werden an dem Ort der Ausstellung hinterlassen, der beeindruck hat. Im Laufe des Tages sammeln sich die Bilder, verteilen sich durch die Gedenkstätte und lassen Muster der Bedeutung erkennen. Thomas Nicolai zeigt, ebenfalls im Erinnerungsort Topf & Söhne, eine Skulptur des Scheiterns. Mit „SAMSON. Clash of Cultures“ entsteht eine Serie von Wandobjekten, die geometrische Figuren miteinander verbindet und durch deren individuelle Oberflächengestaltung dazu führt, dass der Blick des Betrachters nicht mehr davon loskommt.
Die 2. Station führt in die Neue Mühle auf der Schlösserstraße, dort zeigt Marianne Conrad eine Video-Installation. Diese zeigt den Lauf des Wassers und spiegelt so den Kreislauf der Natur wider, direkte Parallelen sind auch zur Neuen Mühle, als technisches Denkmal zu entdecken.
Peer Galus ist zu Gast in der Begegnungsstätte Kleine Synagoge, er präsentiert mit Spraypaint on Canvas und unter dem Titel „Angela / Barack / Vladimir“ Profile der Politiker und deren politisches Erscheinungsbild. Ebenfalls in der Kleinen Synagoge zeigt die Künstlerin Syblle Reichel mit „vor uns – nach uns“ einen Hauch von Japanpapier. Sechs filigrane Transparente zeigen eingebrannte figürliche Silhouetten, die im Licht aufgehängt schimmern und exemplarisch für jedes Individuum stehen. Sybille Suchy präsentiert eine Familie aus gefilzter Schafswolle.
Welche der 5 Figuren für welches Familienmitglied steht, bleibt dem Betrachter zu ergründen.
Die Alte Synagoge, mit ihrer vielschichtigen Historie, präsentiert 3 Künstler, die sich inhaltlich und künstlerisch von dem Gebäude und der Sammlung inspirieren ließen. Der kürzlich verstorbene Harald Stieding nahm das spirituelle Thema „Kain und Abel“ auf. In seiner kreuzförmigen Bronze findet das biblische, wie aktuelle Motiv des Bruderkampfes bewegenden Ausdruck.
Anne Brannys hat in „Mikrogramme für R. Walser“ den Essay von Walter Benjamin über Robert Walser schrittweise kleiner werdend auf Makulaturpapier abgeschrieben, bis auf eine Schriftgröße von etwa 1 mm.
Unter dem Begriff „TAT“ verbirgt sich die Künstlergruppe „Textil Art Thüringen“, sie zeigen textile Arbeiten basierend auf der Symbolik
der Geschichte des Klosters Wechterswinkel, einer ehemaligen Zisterzienserinnen-Abtei. Mit dem christlichen Hintergrund stehen sie im direkten Kontext zur Alten Synagoge.
Letzte Station des Kunstmarathons ist um 16 Uhr der Gewölbekeller des Stadtmuseums. Dort zeigt LERZ & OLAFSON, „Purgatorio Interferenza“ eine Mixed Media, Video, Rauminstallation. Michael Geyersbach präsentiert mit der Videoinstallation „Reformation Cities in Europe“ das wohl aktuellste Thema dieser Zeit und nimmt das Ende der Lutherdekade 2017 voraus. Sophie von Hayek stellt mit grafischen Objekten aus Papier, Fotografie, Zeichnung, Fotografie und Graphit eine Verbindung vom Gestern zum Heute dar, um miteinander ins Gespräch zu kommen, sich mit der Geschichte auseinander zu setzen und sich dabei den offenen, zeitgenössischen Blick zu bewahren.
Das Programm findet man unter www.kuenstler-thueringen.de
Der Eintritt ist frei, Spenden für das Projekt sind erbeten.
Parallel zur Künstlerschau findet um 16 Uhr die Eröffnung der Sonderausstellung „Siegel – Münzen – Prunkgerät. Zeichen von Macht und Würde“ statt. Im Mittelpunkt stehen kostbare Erfurter Siegel seit dem 13. Jahrhundert. Einen Höhepunkt der Schau bilden die prächtigen Insignien der Erfurter Universität. Diese symbolischen Gegenstände veranschaulichen Macht und Würde der Amtsträger und verweisen auf akademische Gepflogenheiten und Traditionen.