Muss eine Partei, die gegen elementare Grundwerte unserer Verfassung ankämpft, verboten werden? Oder muss die Demokratie auch ihre Feinde aushalten? Seitdem die NPD nicht nur im sächsischen Landtag, sondern auch in das Parlament Mecklenburg-Vorpommerns eingezogen ist, ist die Debatte über ein Verbot der rechtsextremen Partei neu entflammt. Die deutschen Verfassungsorgane sind in einer politischen Zwickmühle: Soll man die Beobachtung der Partei einstellen, um das prozessuale Hindernis für ein Verbot zu beseitigen? Soll der Staat dauerhaft auf ein Verbot verzichten, um Beobachtung und Repression weiter effektiv zu ermöglichen? Es gibt vielfältige politische Positionen dazu, die alle in sich begründet sind. Aber seit der Aufdeckung der Morde und Anschläge der Zwickauer Zelle beschäftigt rechtsextremer Terror nicht nur die Politik, sondern auch die Öffentlichkeit. Bund und Länder wollen mit besseren Ermittlungsstrukturen auf den über Jahre unentdeckten rechtsextremistischen Terror reagieren. Die Vorbereitungen für einen möglichen Neuanlauf eines NPD-Verbotsverfahrens sind getroffen. Während die Innenminister der Länder sich für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren ausgesprochen haben und einen entsprechenden Antrag beim Bundesverfassungsgericht einreichen wollen, zögern Bundesregierung und Bundestag jedoch. Bundesinnenminister Friedrich erläuterte heute in Erfurt die Gründe. Man habe es hier mit einer schwierigen Gemengelage zu tun und es sei nicht abzusehen, ob das vorhandene Material, das die Verfassungsfeindlichkeit der NPD belegen soll, ausreiche und wie das Bundesverfassungsgericht im Falle eines erneuten Verbotsantrags reagieren werde. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, darin waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, das bestehende V-Mann-System zu gefährden und die Neonazi-Szene im Falle eines Scheiterns des Antrags eher zu stärken und ihnen eine Bühne für ihre Propaganda zu liefern. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Bundestagswahl im Herbst und der Europawahl 2014, bei der es keine Fünf-Prozent-Hürde mehr gebe, problematisch. Große Einigkeit herrschte unter den Teilnehmern am Fachgespräch, bei dem auch die heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann zu Gast war, ebenso darüber, dass vor allem die Zivilgesellschaft gestärkt werden müsse, um rechtsextremem und fremdenfeindlichem Gedankengut etwas entgegensetzen zu können. Eine starke Zivilgesellschaft könne durch keinen Verbotsantrag ersetzt werden. Man brauche den breiten Widerstand gegen fremdenfeindliche Gruppierungen und Alltagsrassismus. Hier seien mehr Zivilcourage, aber auch Projekte gefragt, die dies unterstützen und die Idee der Demokratie in die Bevölkerung tragen. Denn nicht zuletzt sei ein fremdenfeindliches Klima auch ein Problem für den Investitionsstandort Deutschland.