Widerstand gegen Umweltzone in Erfurt wächst

28. November 2012
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„Die verkehrsrechtliche Anordnung der Landeshauptstadt Erfurt zur Aufstellung der die Umweltzone einführenden Verkehrsschilder ist damit primär Gegenstand des Widerspruchs- und Klageverfahrens“, informiert IHK-Präsident Dieter Bauhaus.

Verkehrszeichen zur Errichtung der Umweltzone könnten nur auf der Grundlage eines formell und materiell rechtmäßigen Luftreinhalteplanes aufgestellt werden. Deshalb stehe im Mittelpunkt der rechtlichen Überprüfung die Klärung der Rechtmäßigkeit des durch das Thüringer Landesverwaltungsamt aufgestellten Luftreinhalteplanes 2012.

„Im Rahmen eines Klageverfahrens gegen die Aufstellung der Verkehrszeichen zur Errichtung der Umweltzone wird der Luftreinhalteplan einer gerichtlichen Inzidentkontrolle unterzogen“, erklärt Heinz-Jochen Spilker, dessen Anwaltskanzlei mit der rechtlichen Interessenvertretung der IHK Erfurt und der ATS Schwuchow GmbH beauftragt wurde. Dies bedeute, dass im Einzelnen überprüft wird, ob das Thüringer Landesverwaltungsamt bei seiner Analyse und Prognose der Erfurter Situation von zutreffenden und aussagekräftigen Werten, Zahlen und Daten bei der Erstellung des Luftreinhalteplanes ausgegangen ist und die Entscheidung für eine

Umweltzone auf realistischen Annahmen beruht. Allein eine methodisch einwandfrei erarbeitete Prognose zur Reduzierung der Luftschadstoffbelastung durch die Errichtung der Umweltzone werde nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes (Beschluss vom 11.07.2012, 3 B 78/11) einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Nur wenn sich die Errichtung der Umweltzone mit dem damit verbundenen Fahrverbot als geeignet, erforderlich und verhältnismäßig erweise, könne der Luftreinhalteplan Grundlage für die aufgestellten Fahrverbote in der Umweltzone sein.

„Hierin bestehen jedoch erhebliche rechtliche Zweifel, welche die IHK veranlassen, eine juristische Überprüfung einzuleiten“, begründet IHK-Präsident Bauhaus das Vorgehen.

Der Luftreinhalteplan hätte den aktuellen – im Jahr 2012 gegebenen – tatsächlichen und wissenschaftlichen Erkenntnisstand vollständig berücksichtigen müssen. Die juristische Betrachtung der Erfurter Umweltzone unterscheide sich damit erheblich von der juristischen Bewertung der ersten im Januar 2008 eingerichteten Umweltzonen in Hannover, Köln und Berlin. Hier wäre bei der juristischen Betrachtung noch der Erkenntnisstand der Luftreinhaltepläne aus dem Jahr 2007 zugrunde gelegt worden.

„Der Luftreinhalteplan verstößt gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die Umweltzone stellt weder eine geeignete noch erforderliche Maßnahme zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen im Sinne des  § 47 BImSchG dar“, kritisiert IHK-Hauptgeschäftsführer Gerald Grusser.

Durch die Errichtung einer Umweltzone könne das angestrebte Ziel, die Luftverunreinigung im Erfurter Stadtgebiet zu vermindern, bei weitem nicht erreicht werden.

Aktuelle sachverständige Gutachten würden zunehmend bestätigen, dass die Einführung einer Umweltzone hinsichtlich der Feinstaubbelastung und des Schadstoffes Stickstoffdioxid keinen erkennbaren positiven Effekt habe. Der Verbrennungsmotor des Kraftfahrzeuges sei nach neusten Erkenntnissen nur zu maximal 5 Prozent an der Entstehung von Feinstaub beteiligt. Darüber hinaus gehender Reifenabrieb und Aufwirbelungen entstünden auch bei Fahrzeugen mit grüner Plakette oder sogar Elektroautos.

„Zudem erfüllen mittlerweile rund 90 Prozent der in Erfurt zugelassenen  Pkw die Voraussetzungen der Erteilung der grünen Plakette, so dass sich die Einrichtung der Umweltzone gegen eine immer geringer werdende Anzahl stärker emittierender Kraftfahrzeuge richtet“, unterstreicht Grusser. Aufgrund der zahlreich gerechtfertigten Ausnahmegenehmigungen würden allenfalls 4.000 stärker emittierende Fahrzeuge in der Landeshauptstadt betroffen sein. Die Zweck-Mittel-Relation sei damit nicht mehr gewahrt.

Auch die räumliche Abgrenzung der Umweltzone wäre nicht im hinreichenden Maße nachvollziehbar und überschreite den dem Landesverwaltungsamt zustehenden Gestaltungsspielraum. „Aus der Analyse im Luftreinhalteplan ergibt sich, dass Erfurt hinsichtlich der Stickstoffdioxidbelastung seit 2007 nur einen einzigen Belastungsschwerpunkt in der Bergstraße aufweist. Es gibt damit nur eine punktuelle Belastung, welche die Festlegung einer großflächigen Umweltzone weder kartographisch nachvollziehbar begründen noch rechtlich rechtfertigen kann“, betont der IHK-Hauptgeschäftsführer. Dies widerspreche eindeutig den Vorgaben der EU, die eine weiträumige Überwachung und Messung vorsehen würden.